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by TheaGood
on 26/1/17
Hymnen an die Nacht
Sehnsucht nach dem Tode



Hinunter in der Erde Schooß,

Weg aus des Lichtes Reichen,

Der Schmerzen Wuth und wilder Stoß

Ist froher Abfahrt Zeichen.

Wir kommen in dem engen Kahn

Geschwind am Himmelsufer an.



Gelobt sey uns die ewge Nacht,

Gelobt der ewge Schlummer.

Wohl hat der Tag uns warm gemacht,

Und welk der lange Kummer.

Die Lust der Fremde ging uns aus,

Zum Vater wollen wir nach Haus.



Was sollen wir auf dieser Welt

Mit unsrer Lieb’ und Treue.

Das Alte wird hintangestellt,

Was soll uns dann das Neue.

O! einsam steht und tiefbetrübt,

Wer heiß und fromm die Vorzeit liebt.



Die Vorzeit wo die Sinne licht

In hohen Flammen brannten,

Des Vaters Hand und Angesicht

Die Menschen noch erkannten.

Und hohen Sinns, einfältiglich

Noch mancher seinem Urbild glich.



Die Vorzeit, wo noch blüthenreich

Uralte Stämme prangten,

Und Kinder für das Himmelreich

nach Quaal und Tod verlangten.

Und wenn auch Lust und Leben sprach,

Doch manches Herz für Liebe brach.



Die Vorzeit, wo in Jugendglut

Gott selbst sich kundgegeben

Und frühem Tod in Liebesmuth

Geweiht sein süßes Leben.

Und Angst und Schmerz nicht von sich trieb,

Damit er uns nur theuer blieb.



Mit banger Sehnsucht sehn wir sie

In dunkle Nacht gehüllet,

In dieser Zeitlichkeit wird nie

Der heiße Durst gestillet.

Wir müssen nach der Heymath gehn,

Um diese heilge Zeit zu sehn.



Was hält noch unsre Rückkehr auf,

Die Liebsten ruhn schon lange.

Ihr Grab schließt unsern Lebenslauf,

Nun wird uns weh und bange.

Zu suchen haben wir nichts mehr –

Das Herz ist satt – die Welt ist leer.



Unendlich und geheimni?voll

Durchströmt uns süßer Schauer –

Mir däucht, aus tiefen Fernen scholl

Ein Echo unsrer Trauer.

Die Lieben sehnen sich wohl auch

Und sandten uns der Sehnsucht Hauch.



Hinunter zu der süßen Braut,

Zu Jesus, dem Geliebten –

Getrost, die Abenddämmrung graut

Den Liebenden, Betrübten.

Ein Traum bricht unsere Banden los

Und senkt uns in des Vaters Schooß.

(Friedrich von Hardenberg, 1772–1802)